Sport ist Mord!

Wie es sich für einen Sonntag geziemt, schlafe ich bis in die Puppen. Als ich mich um 14.00 Uhr im Badezimmerspiegel begutachte, weiche ich erschrocken zurück. Fazit: Je länger ich schlafe, desto beschissener sehe ich aus. Meine Visage erinnert mich irgendwie an das alte, in Wasser eingeweichte Brötchen, das Omi Gerti stets bevorzugt unter ihre Hackmasse mischt. Da ist das vermatschte Brötchen wenigstens erwünscht! Voll depri spiele ich mit dem Gedanken, mich wieder ins Bett zu verziehen. Einfach abtauchen, ins Land der luziden, willentlich gesteuerten Träume.

Doch meine Kinder, die leider auch Wochenende haben, lamentieren so laut herum, dass ich kurzfristig umdisponiere. Rein in die Klamotten und weg vom familiären Schlachtfeld. Fitness-Center ich komme!

Wenn ich schon wie ein Schlot qualme und wie ein Russe saufe, kann ich zumindest etwas für meine Muskulatur tun. Das ist die Triebfeder meines Handelns. Drei Kippen später trudel ich kurzatmig aber immerhin gut gelaunt in der Muckibude ein. Erfreulicherweise ist die Beinpresse gerade frei. Da mir eine Modulation von Oberschenkel, Gesäß und Waden gerade recht kommt, nehme ich das Trainingsgerät sofort in Beschlag. Mein persönlicher Trainer schiebt gerade eine längere Zigarettenpause. Also starte ich im Alleingang. Hätte ich mal lieber gelassen, denn als Dave, so heißt mein Coach, ein paar Minuten später vor mir steht, jammere ich wie Töle, der man mit Schmackes auf den Schwanz getreten hat. Mein Oberschenkel schmerzt höllisch. Keine Ahnung, wie ich das bewerkstelligt habe!

Dave schüttelt sein weises Haupt. Einen überflüssigen Kommentar schenkt er sich allerdings, da er meinen leicht aufbrausenden Charakter zu gut kennt. „Sport ist Mord!“, jammere ich mitleidheischend. „Habe dich gar nicht beim Aufwärmtraining gesehen!“, sinniert mein Trainer. „Tja, wie denn auch? Warst ja vollauf mit deinen unzähligen Lungenzügen beschäftigt!“, stänkere ich erbost herum. Sorry, aber Schmerzen machen mich immer leicht aggressiv! Mein Trainer schluckt kurz. Vermutlich handelt es sich um die Retourkutsche, die er mir eigentlich vor den Latz knallen wollte. Dafür zuckt sein rechtes Auge umso auffälliger. „Flatterauge“, diagnostiziere ich kurz und knapp. Dave wirft mir einen Blick zu, der alles andere als auf eine gute Gesinnung schließen lässt. Doch er beherrscht sich und tastet stattdessen meine malträtierte Körperstelle ab. Er vermutet eine Zerrung und rät mir, umgehend die Notfallambulanz im Krankenhaus aufzusuchen. Ich nicke. Ich nicke immer, wenn ich nicht diskutieren will. Dave bestellt mir ein Taxi, das mich ohne Umweg nach Hause kutschiert.

PS Heute Abend werde ich mit dem exzellenten Diagnostiker Dr. House, der bereits einsatzbereit im DVD-Laufwerk steckt, gemeinsam über eine Differenzialdiagnose brüten und einträchtig um die Wette humpeln.