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2013-12-06T19:43:43+01:00

Anna zu Besuch in Platons Höhle

Veröffentlicht von AnnaChaos
Anna zu Besuch in Platons Höhle

Nach Feierabend stiefel ich unwillig in den Keller, um das alljährliche Weihnachtsbrimborium ausfindig zu machen. Schließlich naht das Fest in Riesenschritten und ich kann derzeit nicht einmal mit einem popligen Adventskranz aufwarten. Also wühle ich mich im Keller tapfer durch unzählige Kartons. Alles wegen meiner Kinder und ihren glänzenden Augen!

Ganz unerwartet stoße ich dabei auf Platons Höhlengleichnis, nachdem mir versehentlich die stark verstaubte Abi-Kiste vom Regal gefallen ist. Erst bin ich sauer, weil ich diverse Hefte und Bücher, die sich weitflächig verteilt haben, mühsam wieder zusammenklauben muss. Aber dann, als ich einen alten Philosophie-Ordner von mir in Händen halte und Seite für Seite umschlage, werde ich richtig melancholisch. Philosophie bei Dr. Hellmann waren die Ponymomente am Gymnasium. Obwohl ER und ICH einige Zeit brauchten, um ins "Geschäft" zu kommen.

Ich, die Quasselstrippe und Entertainerin der Oberstufe, erwärmte mich bereits in der ersten Stunde für das Fach Philosophie. Besagtem Lehrer, der ein echter Hingucker war, flog mein jugendlich unverdorbenes Herz auf Anhieb zu. Ohne Hemmungen, frisch von der Leber weg, legte ich also los und gab meine Erkenntnisse, mit ein paar netten Jokes versehen, zum Besten, womit ich mir leider mein eigenes Grab schaufelte. Was dann folgte, werde ich bis an mein Lebensende nicht mehr vergessen. Bin davon überzeugt, dass es sogar im finalen Schnelldurchlauf vertreten sein wird: Dr. Hellmanns Gesichtsausdruck, der geringschätziger, abfälliger und angewiderter nicht hätte sein können. Ich wünschte mir damals, dass sich der Erdboden auftun und mich mit Haut und Haaren verschlingen möge, was er leider nicht tat. Demzufolge musste ich das Ende der Doppelstunde abwarten. Ich war nur noch von dem einen Wunsch beseelt, Philosophie abzuwählen, um diesen Grantel-Gruber-Geschöpf nie mehr unter die Augen treten zu müssen.

Doch, da wahrscheinlich ein Ritter-Eisenherz-Gen in mir verankert ist, disponierte ich um. Diese Schmach wollte ich nicht auf mir sitzen lassen. Innerlich gestählert nahm ich weiterhin an seinem Unterricht teil. Allerdings verkniff ich mir fortan jeden noch so kleinen Joke. Auch andere unterhaltsame Zwischeneinlagen mied ich wie die Pest. Überlegte sehr genau, bevor ich mein ansonsten sehr loses Mundwerk aufriss.

Und siehe da, mit der Zeit gewann ich seine Achtung. Hier und da schenkte er mir sogar ein wohlgefälliges, anerkennendes Lächeln. Das war in der Tat, mein Aufstieg, ähnlich wie der Mensch aus Platons Höhlengleichnis, der frei von Fesseln, auf dem Weg nach Oben, zu einer höheren Erkenntnis gelangt.


PS Auf dem Weg nach OBEN muss ich leider feststellen, dass ich den gesamten Weihnachtsplunder vergessen habe. Ich trage es mit Fassung, denn das Vergängliche ist UNTEN sowieso viel besser aufgehoben!

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